Künstliche Biowelten. Laborvisionen für Übermorgen.
Künstliche Biosysteme gewinnen zunehmend an Bedeutung. Synthetische Biologie, „Biomolecular Engineering“ und Bioinformatik finden dabei als wesentliche Schlüsseltechnologien ihren Einsatz. Prognostiziert wird eine „Bio-Revolution“, die das Potenzial hat, die Gesellschaft und unseren Alltag grundlegend zu verändern – vergleichbar mit der Chemie-Revolution im 20. Jahrhundert. Es geht darum, bestehende Funktionen von Organismen zielgerichtet zu verändern (z.B. als Zell-Fabriken), neue Funktionen von Organismen bereitzustellen (z.B. als Datenspeicher) und letztlich auch künstliche Ökosysteme (z.B. Riffe) zu entwickeln.

Wir stellen drei Laborvisionen vor.
Genome Editing
Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit durch Gentechnik(?)
Johann Liebeton
Ingenieur für Biomolecular Engineering
Ernährungs-sicherheit und Nachhaltigkeit durch Gentechnik(?)
Genome Editing ist eine Methode des „Biomolecular Engineering“. Damit ist es möglich Erbinformation in lebenden Zellen gezielt zu verändern. Als molekulargenetische Werkzeuge kommen „zielgerichtete Genscheren“, wie das CRISPR/Cas-Verfahren zum Einsatz. Mit dem CRISPR/Cas-Verfahren lässt sich das Erbgut relativ einfach und präzise verändern. Das Potenzial wird vor allem in der Pflanzenzucht und Medizin gesehen.
Mehr erfahren → Johann Liebeton
Genome Editing kann einen sehr großen Einfluss auf die Sustainable Development Goals, also die Nachhaltigkeitsziele der UN haben.„....“ z.B. im Bereich des zweiten und siebten Ziels der SDGs, also „Zero Hunger“ and „Affordable Clean Energy“ können wir uns wirklich viel versprechen von Genome Editing.
- Johann Liebeton, Ingenieur für Biomolecular Engineering
Cell Factories
Gibt es demnächst Milchprodukte ohne Milch(-kuh)?
Britta Winterberg
Mitgründerin und CSO bei FORMO
Zellfabriken sind für die industrielle Produktion optimierte Mikroorganismen. Die Mikroorganismen erzeugen in Bioreaktoren organische Stoffe, beispielsweise Proteine für die Ernährung oder Wirkstoffe für Medikamente. Dazu werden genetische Informationen aus Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen miteinander kombiniert. Das ermöglicht maßgeschneiderte Stoffwechsel- und Synthesewege in einer Zelle, wodurch sich die Mikoorganismen in effiziente Zellfabriken verwandeln.

Ein Beispiel ist FORMO, ein junges Biotech Startup in Berlin, das Mikroorganismen genetisch verändert, um Milchproteine herzustellen und somit tierfreie Milchprodukte wie Käse herzustellen. Mit ihrem „Precision Fermentation“-Ansatz will FORMO die Zukunft der Ernährung nachhaltiger, gesünder und gerechter gestalten.
...was verschwinden wird, ist die industrielle Massentierhaltung. Das wird einfach obsolet werden, das werden wir nicht mehr brauchen, weil wir diese tierischen Produkte ganz einfach ersetzen können durch Präzisionsfermentation.
- Britta Winterberg, Mitgründerin und CSO bei FORMO
Artificial Riffs
Hanna Kuhfuss
Naturwissenschaftlerin, arbeitet im Team von RRReefs
Korallenriffe aus künstlicher Aufzucht
Korallenriffe sind sensible Ökosysteme. Ungefähr 75 % der weltweiten Korallenriffe sind bereits bedroht. Verantwortlich ist eine Kombination lokaler und globaler Stressfaktoren. Insbesondere durch steigende Wassertemperaturen der Meere – bedingt durch die globale Erwärmung – sind sie stark gefährdet. Um die Korallenriffe zu erhalten, könnten Riffe künstlich wieder aufgebaut werden.

Ein Startup, das dieses Ziel verfolgt, ist RRReefs. Es wurde 2020 von Alumnis der ETH Zürich gegründet. RRReefs ist bestrebt, nachhaltige, skalierbare Strategien zum Wiederaufbau und zur Regeneration der bedrohten Korallenriffe der Welt voranzutreiben.
Wir beobachten in dramatischer Weise seit mehreren Jahren das großflächige Absterben von Korallenriffen. Genau deshalb braucht es auch künstliche Riffe, um solche Strukturen wiederherzustellen, um einen festen Untergrund zu bieten, auf dem neue Korallen wachsen können.
- Hanna Kuhfuss, Naturwissenschaftlerin, arbeitet im Team von RRReefs